Eingerahmt von zwei dicken Mercedes LG 315-Brummern, vor uns die
gigantischen Pyramiden von Gizeh, erleben wir den Sonnenuntergang.
6. Oktober 1981.
Der Start hätte auf ein glücklicheres Datum fallen können:
die Deutsche Welle meldet eben die Ermordung Präsident Sadats. Ist ein
politisches Attentat schon im - wenn man so sagen darf - geordneten
Mitteleuropa eine Katastrophe, um wieviel mehr dann in einem Land der.
Dritten Welt. In Ägypten, wo bereits in ruhigen Zeiten jeder Soldat Fremden
gegenüber mit übergroßem Mißtrauen entgegentritt. Die Lage ist völlig
ungeklärt, von Ägyptern erfahren wir nichts.
Katzenjammer nach der Fähren-Fete:
Vergessen sind die fröhlichen Stunden an Bord der Dana Sirena, die uns und
die beiden ehemaligen Bundeswehr 13 Tonner von Ancona nach Alexandria
transportierte. Vergessen auch die Erleichterung, als die Kolosse,
monatelang auf die schwierige Etappe in den Sudan vorbereitet, endlich mit
ägyptischen Nummerntafeln den Hafen von Alexandria verlassen konnten. Die
Strecke schien frei - und nun ein Land im Chaos?
Inschallah ~ wir können nichts ändern. Wegen der brisanten politischen Lage
wollen wir das dichtbesiedelte Niltal schnell hinter uns lassen, können uns
aber eine Klettertour auf die Spitze der Cheopspyramide nicht verkneifen.
Ein grandioser Anblick: geheimnisvoll liegen die historischen Stätten Kairos
im Morgengrauen.In aller Eile besichtigen wir noch die Altstadt und das Ägyptische
Nationalmuseum. Die Stadt ist ruhig, doch spüren wir die gespannte
Atmosphäre unter der Bevölkerung.
Stunden nimmt das Auftanken all unserer Fässer in Anspruch. Diesel ist in
Ägypten spottbillig, rund 7,5 Pfennig kostet ein Liter. Die 36 Fässer mit je
200 Litern Dieselöl zu bunkern ist unser größtes Problem, die Last läßt
selbst unsere mächtigen Lastesel ächzen.
Wohl nie zuvor hat der Tankwart bei einem Kunden so lange arbeiten müssen.
Die Summe, die wir schließlich hinblättern, versetzt uns in gute Stimmung:
540 DM für 7200 Liter! Treibstoffmäßig sind wir nun gut versorgt, sogar
bis übers Ziel hinaus. Aber was mag uns noch alles er warten?
Wegweiser 30. Meridian
Auf ziemlich schmaler, aber gut ausgebauter Straße kommen wir im Niltal
trotz dichten Verkehrs und unzähliger Militärkontrollen rasch voran, bis ein
Mißgeschick passiert. Durch Bremsversagen fährt eins unserer Fahrzeuge auf
das andere auf, der Kühler wird stark beschädigt. Bei der Polizeistation von
Beni Suef reparieren wir die undichten Lamellen. Zum Schutz bekommen wir
Polizeibewachung zugeordnet. Als Mitglieder unserer Crew in einer nahen
Bäckerei filmen wollen, werden sie von fanatischen Moslems angegriffen. Das
nervöse Klima unter der Bevölkerung beunruhigt uns sehr. Mit abgedichtetem
Kühler gelangen wir rasch weiter, passieren immer wieder strenge
Militärkontrollen und fahren, mit dumpfem Gefühl im Magen, an der von
Widerständlern umkämpften Kaserne von Asyut vorbei.
Endlich können wir nach Westen in die Wüste abbiegen.
Keine Menschen mehr, keine Checkpoints, nur die unglaubliche Ruhe der Wüste
um uns. Die Oase EI Kharga bleibt für uns lange Zeit das letzte besiedelte
Gebiet. Den Polizeiposten von EI Maks umfahren wir, wollen wir doch nicht am
Vorhaben gehindert werden, irgendwo die imaginäre Sandgrenze zwischen
Ägypten und Sudan zu überschreiten.
Steile Abbrüche, graue Kiesel und Geröllfelder, kleine Dünengürtel und nur
wenige Spuren begleiten uns. Mit dem Kompaß prüfen wir immer wieder, ob
wir noch Kurs auf die Oase Selima halten.
Wegen der starken Überladung platzen mehrmals Reifen, ansonsten spurten die
gelben Vehikel problemlos über den Wüstensand. Oft wird der Weg von
Kamelskeletten gesäumt.
Irgendwo passieren wir die sudanesische Grenze und erreichen die unbewohnte
Oase Selima. Beeindruckend dieses plötzliche Grün. Herrlich, wieder genügend
Wasser vorzufinden. Nach ausgiebiger Dusche fühlt man sich wie neugeboren ..
Adi, seines Zeichens Küchenchef, bereitet unser Nationalgericht "Tiroler Gröstl"
zu. Unter rauschenden Palmen, das Zirpen unzähliger Grillen im Ohr,
diskutieren wir bei Bier und Wein das weitere Vorgehen. Wir beschließen, uns
immer genau Richtung Süden zu halten, um möglichen Truppenkonzentrationen an
der lybischen und der Grenze zum Tschad in der Gegend von EI Atrun auszuweichen.
Nun sind wir wirklich allein: tagelang keine Spuren. Nur ein paar
Skarabäuskäfer zeigen, daß es hier noch anderes Leben gibt. Die Kraft des
Windes wird sichtbar, der Untergrund wechselt laufend von hartem Kies über
ausgedehnte Sandfelder zu schier unüberwindlichen Geröllfeldern, übersät von
meterhohen Steinbrocken. Die Sandbleche sind ständig im Einsatz, die Motoren
überhitzt. Langsam, aber stetig kommen wir voran. Stellenweise kriechen die
schweren Brummer im ersten Allradgang, bis zu den Achsen eingesunken, durch
den mehligen Sand. Abends genießen wir die angenehmen Temperaturen und die
göttliche Ruhe. Ein Erlebnis ist der faszinierende Sternenhimmel. Seit zwei
Wochen keine Menschenseele mehr. Riesige Freude über den ersten total
verdorrten und verkrüppelten Dornstrauch, der den Sahelgürtel ankündigt. Das
Dorngestrüpp wird dichter, die ersten Nomaden tauchen auf. Hirsefelder
bestätigen, daß besiedeltes Land erreicht ist.
Die Beamten der kleinen Polizeistation Soderi sind über unser Auftauchen
zwar erstaunt, kümmern sich aber wenig um unsere Papiere. Im nächsten Dorf,
Mazrub, erleben wir einen typischen Viehmarkt und lernen die großartige
Gastfreundschaft der Sudanesen kennen.
Weiter über eine schlechte Wellblechpiste durch die Dornbuschsavanne nach EI
Obeid, der Bezirkshauptstadt von Kordofan. Auch hier sind die
Polizeibehörden, wie im ganzen Sudan, überaus höflich und zuvorkommend. Nie
werden wir nach Visa und den an und für sich notwendigen Fahr und
Fotogenehmigungen gefragt. Höchstens die Personalien werden festgehalten.
Fußball zwischen Dornen und Kamelen:
Besonders sehenswert ist ein Fußballmatch, zu dem wir eingeladen werden
die Spieler zeigen beachtliches Niveau. In EI Obeid genießen wir sechs Kilometer
asphaltierte Straße, die wir gleich zweimal befahren, sollte es doch die
letzte bis zum tausend Kilometer entfernten Juba sein.
Entlang unzähliger Affenbrotbäume fahren wir En Nahud zu.
Heuschrekkenschwärme plagen die hier ansässigen Bauern. Wo diese Biester
sich niederlassen, wird alles kahlgefressen. Allem anderen wird dabei
"Simsim", so nennen die Bauern ihre Hirse, vorgezogen.
Bisweilen begegnen wir einheimischen Lastwagen, deren Fahrer uns freundlich
zuhupen.
In En Nahud verfolgt uns ein Mann wild gestikulierend mit dem Fahrrad:
der Ortspolizist, der Unterhaltung sucht und uns zu einem Glas Tee einlädt.
Über die weitere Beschaffenheit der Straße kann er uns leider genausowenig
Auskunft geben wie die anderen Einheimischen, die wir fragen. Die Regenzeit
ging eben zu Ende. Äußerst fraglich ist es, ob der große Sudd, jenes
riesige, total versumpfte Gebiet, durchquert werden kann.
Den Gleisen entlang:
In Babanussa treffen wir auf die Eisenbahnlinie nach Wau. Angestellte eines
Erdölkonzerns suchen hier nach schwarzem Gold. Vor zwei Wochen starteten sie
mit ihren sechsradgetriebenen Spezialfahrzeugen einen Versuch, in den Sudd
vorzudringen. Nach zwei Tagen mußten sie aufgeben.
Ihr Ratschlag lautet:
entweder umdrehen oder entlang der Bahnlinie weiterfahren. Die Gefahr, im
total versumpften Gelände die Orientierung zu verlieren und
steckenzubleiben, sei zu groß.
So sollte der Bahndamm für die kommenden 400 Kilometer unser ständiger
Begleiter werden. Auf was haben wir uns eingelassen! Die schmalen Gleise
befinden sich auf einem steil aufgeböschten Schotterdamm - rechts und links
fast immer überschwemmtes Sumpfland. Manchmal kann man direkt neben dem Damm
fahren, oft ist jedoch auf halsbrecherische Weise der Schienenstrang zu
überqueren, um auf der anderen Seite die Fahrt fortsetzen zu können.
Die Grenzen der Kletterkunst unserer Brummer sind erreicht, die schwere Last
auf den Pritschen kommt bedenklich ins Wanken. Der Bahndamm selbst ist für
unsere Spurbreite zu schmal, so müssen wir uns meist halb an der Böschung
hängend im Kriechtempo vorarbeiten. Die Reifenstollen werden von den
Eisenbahnschwellen stark abgerieben. Die Pneus halten aber - fast ein
Wunder - der Belastung stand.
Ausgleich zu dieser nervenaufreibenden Fahrt bietet das herrliche Dickicht
mit seiner fantastischen Vogelwelt. Großartig, was hier alles kreischt und
flattert. Hin und wieder begegnen uns auch Einheimische mit ihren
Viehherden. Die Eisenbahnlinie ist auch ihr einziger Verkehrsweg . Keiner
kann uns jedoch Auskunft geben, wie die Strecke zwanzig Kilometer weiter
aussieht.
Entlang der Eisenbahn entstanden kleine Dörfer. Ihre Bewohner sind äußerst
freundlich. Häufig bewirtet man uns mit Kamelmi1ch und Hirsebrei.
Pistenleichen säumen den Weg nach Süden. Kamelskelette dokumentieren den
regen Karawanenverkehr auf der "Straße der tausend Tränen". Als
Gegengeschenk meistens Zucker, heiß begehrte Mangelware im Sudan. Die Karte
weist in 30 Kilometer Entfernung ein großes Hindernis aus, den Fluß Bahr el
Arab. Einwohner eines Halbnomaden Dorfes versichern, daß der Fluß Wasser in
Mannshöhe führe. Zwei Männer, die eine seichtere Stelle für uns erkunden
wollen, begleiten uns. Nichtschlecht staunen auch sie, daß der Fluß nahezu
ausgetrocknet ist. Vor lauter Freude setzen wir gleich mehrmals über.
Von nun an können wir häufiger vom Bahndamm herunter auf einer daneben
verlaufenden Piste fahren, meist im dritten Gang. Doch plötzlich stecken die
Fahrzeuge in unvermutetem Schlamm. Die Bergung mit der Seilwinde erfordert
einen halben Tag. Schilf wächst hier stellenweise zwei Meter hoch und
erschwert die Orientierung gewaltig. Bäume mit zentimeterlangen Dornen
peitschen ununterbrochen die Bordwände. Unvorstellbare Moskitoschwärme
verleiden uns die Abende. Gut, daß wir regelmäßig Malariatabletten
eingenommen haben. Unter Moskitonetzen lassen wir uns von den vielfältigen
Grill und Zirpgeräuschen in den Schlaf singen. Der Bahr el Arab dürfte die
ethnologische Grenze zwischen den moslemischen und mit Arabern vermischten
Stämmen und den teils heidnischen, teils christlichen negroiden Völkern
sein. Die Schwarzen, die hauptsächlich dem Volk der Dinkas angehören,
begegnen uns anfangs sehr reserviert und ängstlich. Haben sie sich jedoch an
unseren Anblick gewöhnt, werden sie recht aufgeschlossen. Wir beobachten sie
bei der Feldarbeit, beim Ernten des Zuckerrohrs und genießen ihr köstliches
Honigbier .
Im Land der Dinkas
Sehenswert sind die Tätowierungen auf den Körpern der jungen Dinkafrauen.
Neben der Schönheit sollen sie auch der Abhärtung dienen. Die Krieger sind
besonders stolz auf ihre kunstvollen Speere. Bündelweise tragen sie diese
Symbole des Kriegerstandes mit sich herum. Schrill, doch herzlich,
klingt das Geschrei, mit dem sie uns verabschieden.
Über den Fluß Nol soll es eine Fähre geben. Große Enttäuschung, als wir
sehen, daß sie auf Grund gelaufen fahruntüchtig sind. Der tiefe sandige
Untergrund läßt ein Übersetzen nicht zu, eine Furt ist nicht zu finden. So
bleibt nur eine Möglichkeit: die Eisenbahnbrücke. Je ein Drittel der
Reifenbreite hängt auf beiden Seiten in der Luft, zwischen den einzelnen
Schwellen klaffen 40 Zentimeter. Von Balken zu Balken arbeiten wir uns
weiter Millimeterarbeit des Fahrers. Eine größer werdende Menschenmenge
begutachtet am Ufer unser Unternehmen, uns anfeuernd und mutmachend. Der Zug
soll erst in fünf Stunden kommen. Wo möglich, legen wir Sandbleche unter, um
die morschen Holzbalken zu entlasten. Nach drei Stunden hat der erste
Lastwagen die luftigen hundert Meter überwunden, weitere zwei Stunden nimmt
der Brücken Balanceakt des zweiten Gefährts in Anspruch. Zwischenzeitlich
sind Bahnbedienstete auf einer Draisine herbeigeeilt. Ihre Aufregung um die
Brücke ist zum Glück umsonst.
Die Piste wird nun bedeutend besser. Eine kleine Unachtsamkeit läßt uns
jedoch in ein tiefes Schlammloch einsinken. Der zweite Lastwagen sichert
sofort mit der Seilwinde, doch nur harte Grabarbeit, Unterlegen von Ästen
und Blechen sowie die Hilfe vieler Dinkas befreien das Fahrzeug nach fast
einem Tag.
In Wau, der Bezirkshauptstadt von Ghazal, besuchen wir die Leprastation, in
der auch einige Deutsche arbeiten. Dieses Hospital ist recht modern, gut
eingerichtet und dient vor allem der Ausbildung junger sudanesischer
Medizinstudenten. Nach dem Tanken von einwandfreiem Wasser fahren wir weiter
in Richtung Rumbek.
Kleine Dörfer mit spitzen strohgedekken Lehmhütten säumen die Piste. Die
Wohnstätten sind teilweise auf Pfählen errichtet zum Schutz vor Tieren und
Überschwemmungen. In der Missions und Leprastation von Rumbek ist ein
Schweißgerät vorhanden: eine gebrochene Tankaufhängung kann repariert
werden.
Der Pater betreut von hier mit zwei spanischen Schwestern ein großes,
dicht besiedeltes Gebiet. Groß seine Begeisterung, als wir ihm, der seit
zwanzig Jahren nicht mehr zu Hause war, Spaghetti und italienischen Wein
mitbringen. Den ganzen Abend erzählt er dann über seine Arbeit, die
Schwierigkeiten bei der schulischen und medizinischen Betreuung der Dinkas
sowie über Leiden und Probleme des Volkes.
Nur ungern verlassen wir den Pater. In etwa dreißig Kilometer Entfernung
soll bei einem Brückeneinsturz ein Lastauto im Fluß verunglückt sein, wobei
es mehrere Todesopfer gab. Selbstverständlich sind wir sofort bereit, das
Fahrzeug amerikanischer Entwicklungshelfer zu bergen. Mit Seilwinden gelingt
es, den umgekippten Lastwagen zuerst aufzustellen und dann herauszuziehen.
Ein ungeduldiger Sudanese will währenddessen an unseren Brummern
vorbeifahren. Vor unseren Augen kippt sein Lastwagen über die Böschung. Auch
ihm helfen wir, und zu guter Letzt bergen wir zwei Transporter, die an der
eingestürzten Brücke im Fluß steckengeblieben waren. An einer seichteren
Stelle wird schließlich mit Hilfe des Allradantriebs und der Sandbleche
problemlos übergesetzt. Mit herzlichem Händeschütteln und lautem
Geschrei verabschieden uns die Dinkas.
Kurz vor Juba, der Hauptstadt des Südsudan, lädt man uns in einen Kral zum
Fest. Die ganze Nacht wird getrommelt, gesungen und Honigbier getrunken.
Der Häuptling spricht englisch, so erfahren wir einiges über das Leben
seines Stammes. Zum Abschied schenkt man uns ein großes Glas Bienenhonig.
Das 15.000 Einwohner zählende Juba beglückt uns wieder mit Asphalt. Hier
besuchen wir englische und amerikanische Freunde, die neben vielen Deutschen
als Entwicklungshelfer arbeiten. Traurig stimmt uns bald der Abschied
von unseren gelben Brummern, die wir hier einer Organisation überlassen. Sie
haben uns so vortrefflich durch halb Afrika geführt; hoffentlich bewähren
sie sich jetzt ebenso bei der Versorgung der Missions Außenstationen.
Auch Ausrüstungsgegenstände und restliche Lebensmittel lassen wir zurück.
Bei den Stämmen Nordkenias:
Mit der Sudan Airways in Nairobi angekommen, mieten wir einen Toyota
Landcruiser , beschaffen uns notwendige Camping Utensilien und brausen
in Richtung Mount Kenia. Der Wille ist stark, doch die Zeit knapp. So bleibt
es bei einem kurzen Aufenthalt vor diesem so erhabenen in der Landschaft
stehenden Koloß. Der Samburu Nationalpark ist zwar landschaftlich sehr
schön, von der Tierwelt hatten wir uns mehr versprochen. Es gehört wohl mehr
Zeit und Ausdauer dazu, die wilden Tiere zu entdecken. Frühaufsteher tun
sich leichter.
Auf einer schlechten Schotterstraße durchqueren wir das Stammesgebiet der
Rendile. Ihre Krieger scheinen besonders stolz und eitel. Die Herstellung
der kunstvollen Frisuren dauert Stunden.
Bevor wir die Chalbiwüste durchqueren, versorgen wir uns in Marsabit
nochmals mit Proviant und Treibstoff. In der landschaftlich wundervollen
Halbwüste sind Nomaden anzutreffen, vor allem vom Stamm der Gharba.
Bald liegt der Lake Turkana, in der Kolonialzeit Rudolfsee genannt, vor uns,
eine schier endlos weite Wasserfläche. Vierzehnmal so groß wie der
Bodensee, mitten in der Wüste. Trotz des Wassers nur spärliche Vegetation,
der Fischreichtum ist jedoch kaum vorstellbar.
Im Dorf der EI Molo sieht man fast zwei Meter lange Barsche, die jeden
Petri Jünger in Ekstase versetzen. Die EI Molo bewohnen nur noch zwei
Dörfer; ihr Stamm ist im Aussterben begriffen. Einseitige Ernährung - nur
Fisch - läßt sie ungemein rasch altern. Sie leben heute vom Geld der
Touristen, die per Flugzeug in die nahegelegene Loyangoli Lodge kommen und
fürs Fotografieren soviel bezahlen, daß sich Arbeit kaum noch lohnt.
Wehmütig blicken wir nordwärts, Richtung Äthiopien, doch wir müssen zurück
nach Nairobi. Das RiftValley ist ein landschaftliches Zuckerl, steile
Abbrüche, zahllose Vulkankegel, manchmal dicht bewachsen, manchmal steinig
karg. Eine reiche Tierwelt, Elefanten, Strauße, Gazellen ... Hochinteressant
auch unser Aufenthalt in der italienischen Missionsstation Baragoi: im
kleinen Krankenhaus wird eine Mütterberatung über Säuglingspflege
abgehalten. Frauen aus nah und fern sitzen wartend mit ihren Kindern.
Fantastische Haarpracht der Turkana und Samburu Stämme, kunstvoller Schmuck
und eigenartig harte Gesichtszüge lassen uns stundenlang schauen und staunen.
Ab Rumuruti fahren wir wieder auf Asphalt. Sehenswert sind die vielen
Flamingos im Nakuru Nationalpark.
Schließlich erreichen wir den Masai Mara Nationalpark. Am Mara Fluß tummeln
sich exotische Tiere: Löwen, Flußpferde, Giraffen, Hyänen und die
verschiedensten Vogelarten. Sogar die Jagd eines Geparden auf eine Gazelle
war zu beobachten. Trotz raffinierter Anschleichtechnik und ungemeiner
Sprungstärke gelingt es dem Raubtier aber nicht, die aufmerksame Gazelle zu
erhaschen.
An den Quellen des Nil:
Von Nairobi buchen wir einen Flug nach Bujumbara in Burundi. Mit einer
großen Holzkiste voller Ersatzteile, die wir schon seit Beginn der Reise
herumschleppen, landen wir bei fast unerträglicher, feuchter Hitze. Für zehn
Tage soll die Missionsstation in Gitega Ausgangspunkt für Ausflüge in das
hügelige, tropische Umland werden. Ganz aus dem Häuschen ist Pater Hugo,
als er die Ersatzteile für die Motoren seiner Mühle auspackt. Nicht nur die
Brotversorgung für die ganze Umgebung ist dadurch wieder gewährleistet,
auch die Finanzierung von Schule und Krankenhaus ist durch den Verkauf des
Mehls für die nächsten Monate gesichert.
Nachdenklich stehen wir dann an dem Wässerchen, das eine Quelle des Nil sein
soll. Jener Strom, dessen Lauf wir acht Wochen gefolgt sind, den wir aber
nur in Oberägypten und in Juba gesehen haben.
Am Morgen warten schon einige Patienten auf den Pater, der auch gleichzeitig
Zahnarzt seiner Schäfchen ist. Mit einer großen Beißzange werden die
Zähne gezogen.
Besonders eindrucksvoll ist eine Messe mit mehr als dreitausend Jugendlichen,
die Pater Hugo zelebriert. Der Chor versetzt vor allem Othmar, unseren Blues
und Soulfanatiker, in helle Begeisterung. Beim anschließenden
Fest wird viel getanzt, getrommelt und getrunken, Bananenbier fließt in
Strömen.
Die meisten Einwohner Burundis, wenige Pygmäen und die Stämme der Tutsis
und Huttus, leben in großer Armut. Das hügelige Land ist stark übervölkert,
Hirse, Bananen und Kaffeeanbau geben nicht viel her. Malaria,
Bilharziose und Schlafkrankheit sind weit verbreitet. Um so erstaunter sind
wir über die herzliche Gastfreundschaft, die uns hier zuteil wird. Schade,
daß die zehn Wochen unserer Afrika Reise vorbei sind. Jeder Tag war
voll faszinierender Erlebnisse.
Text/Fotos: Klaus Finsterwalder
Kurz Info Ägypten - Burundi
Einreise: Ägypten: Visum erforderlich, Gruppenvisum (billiger) ab 8 Personen
erhältlich. Kfz-Kennzeichen werden gegen ägyptische Nummernschilder ausgetauscht.
Gegen Bakschisch erleichtern Zollhelfer die Einreiseabfertigung.
Carnet de Passages notwendig.
Sudan: Da die Einreise über die imaginäre Sandgrenze erfolgte, (EI
Charga - EI Maks - Selima) wurden wir erstmals auf der Achse Khartum - EI
Fasher (in Soderi) kontrolliert. Visum, Carnet, Fahrgenehmigung,
Fotogenehmigung sind offiziell erforderlich, in unserem Fall wurde dies nie
ernsthaft geprüft. Ausreiseformalitäten sind in Juba recht unkompliziert.
Kenia: Reisepaß. Für Österreicher Visum erforderlich. (Wird am Flughafen
für 30 Tage ausgestellt). Devisenerklärung. Bei Einreise von Burundi
strenge Impfpaß Kontrollen.
Burundi: Visum erforderlich (in Nairobi in 24 Stunden erhältlich).
Treibstoff: Bei Dieselfahrzeugen soviel wie möglich in Ägypten tanken
(1 I 7,5 Pfennige), da auf der gesamten Strecke durch den Sudan (4000 km) Sprit
nur auf dem Schwarzmarkt (1-3 DM) erhältlich ist. In Kenia ist Treibstoff
so teuer wie bei uns. Versorgungsschwierigkeiten nur auf selten befahrenen Pisten im Norden.
In Burundi ist Sprit extrem teuer (3 DM pro Liter).
Impfungen: Cholera, Typhus, Paratyphus, Gammaglobulin, Tetanus.
Gelbfieber nicht überall erforderlich, aber empfehlenswert. Malaria Prophylaxe
selbstverständlich.
Campen: Freies Campieren überall möglich.
Sprache: Verständigung in Englisch und Französisch, ansonsten Zeichensprache.
Sonstiges: Kurzwellen Radio mitnehmen, Reise Krankenversicherung abschließen.
Mietfahrzeuge in Kenia in großer Auswahl erhältlich (ab 300 US
Dollar für 3 Wochen), meist ohne Werkzeug und Kanister.
Fahrzeug: Zwei Daimler Benz LG 315. Außer den mächtigen Rammgittern, den
bequemen Pkw-Sitzen im Führerhaus und zwei großzügigen Sitzbänken auf der
Ladefläche eines Lastwagens (die zwei Personen als Schlafplatz dienten),
blieben beide Fahrzeuge unverändert. Große Plastik-Tanks für Trinkwasser
wurden angebracht. Der restliche Platz auf den Pritschen war notwendig
für die 36 Fässer à 200 Liter Treibstoff, Reservereifen und Ersatzteile.
Vorbereitung: Sämtliche Reifen von den Felgen montieren (Rostbildung).
Gummiteile, Leitungen, Elektrik und Dichtungen auf Schäden untersuchen. Öl
wechseln (Motor, Getriebe, Differential, Servolenkung). Filter der
Kraftstoffanlage (4 pro Fahrzeug) erneuern. Alle Keilriemen genauestens
untersuchen (Achtung, seltene Größe!). Fahrzeug anhand eines Schmierplans
komplett abschmieren. Bei der Überprüfung der Blattfedern mußten zwei
wegen Ermüdungserscheinungen ausgetauscht werden (unbeladen schwer feststellbar).
Zusätzlich zur normalen Beleuchtung montierten wir H4 Weitstrahler.
Verbrauch: Durch die hohe Zuladung und das schwierige Gelände stieg der
Verbrauch auf 40-70 Liter Diesel.
Ölverbrauch: 3-4 Liter auf 1000 Kilometer.
Ersatzteile: Lichtmaschine, Kupplungsscheibe, Zylinderkopf,
komplette Einspritzpumpe, jede Menge Filter, Dichtungen, Schrauben,
Radmuttern, Schläuche und Mäntel, Keilriemen usw.
Werkzeug: Umfangreicher
Werkzeugsatz (Achtung, Spezialgrößen!), 2 Radkreuze plus Verlängerung, 2
hydraulische Wagenheber, Brechstange, Montiereisen, Reifenflickzeug,
Bretter, Keile usw. Eine umfangreiche Betriebs- und Reparaturanleitung ist
bei Mercedes Benz erhältlich.